Der Duft der Rinde, das Aroma der Walnüsse, diese Erfahrungen ließen sie nicht mehr los. Und dann die große alte Linde, hinter der man sich so herrlich verstecken konnte!
„Der Stamm war immer
irgendwie warm. Wenn ich ihn umarmt hatte, spürte ich die Kraft. Dann nahm ich einen Stock und malte den Baum in den Sand, zur Freude der Kinder!“ Diese Kindheitserlebnisse sollten die spätere Zeichenlehrerin Gudrun Kalbus nie mehr loslassen. Sie mündeten in eine ganze Bewegung, die KW deutschlandweit „berühmt“ machte.
Prominente stehen Schlange
Denn viele Prominente, darunter der amtierende Ministerpräsident Matthias Platzeck, sein Vorgänger Manfred Stolpe, Innenminister Jörg Schönbohm, der verstorbene Tierfilmer Heinz Sielmann oder die amerikanische Umweltaktivistin und Autorin Julia Butterfly Hill wurden durch sie zu „Paten“ eines Brandenburger Baums: „Ein Pate muss sich um den Baum sorgen. Das kann auf ganz vielfältige Weise geschehen“, berichtet Gudrun Kalbus. „Im Waldkindergarten etwa sammeln sich die Kleinen unter ‚ihrem’ Baum und singen ihm was vor.“
Entrümpelung mit Bollerwagen
Ihre Enkel Hannes und Martin, die sie mit ihrer Neugier für die Natur dazu animierten, Baumpatenschaften ins Leben zu rufen, gingen ganz praktisch ans Werk. „Sie waren damals gerade neun und zehn Jahre alt. Sie packten ihren Bollerwagen und entrümpelten die Umgebung des Wildbirnbaums, den sie sich nach dem Fontane-Gedicht über den „Herrn von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“ ausgesucht hatten“, blickt Gudrun Kalbus zurück. Grund zum Zurückblicken gibt es gerade jetzt, denn 2009 kann sie darauf verweisen, dass es ihre „Bewegung“ nun schon zehn Jahre lang gibt. Ihr Konzept wurde mit viel Beifall von der bundesweiten Schutzgemeinschaft Deutscher Wald aufgenommen, denn so sinnlich und greifbar ist noch niemand an das Thema rangegangen.
Baum-Test per Auto
Gudrun Kalbus und ihr Ehemann Reinhard Kalbus
starten für jeden Baum persönlich aus ihrer Wohnung am Rande von Königs Wusterhausen. „Der Baum muss schließlich zum Paten passen“, sagt sie. Und der Eigentümer des Grundstücks muss mit der besonderen Ehre für seinen Baum einverstanden sein. „Ablehnung gab es bisher aber nur einmal“, erinnert sie sich. Da Gudrun Kalbus zugleich Malerin ist, zeichnet sie jeden Patenbaum. Das entstandene Kunstwerk erhält der Baumpate zusammen mit einem Baumgutachten von Dr. Gerald Schrödl.
Der Schatz der Linde
Der älteste Baum, der seinen Paten gefunden hat, ist eine 700 Jahre alte Linde in Neuruppin. Er ist zugleich der sagenumwobenste, „denn es soll ein Schatz darunter liegen. Der darf aber erst
gehoben werden, wenn die Linde nicht austreibt, aber das macht sie brav Jahr für Jahr!“ Am werbewirksamsten dürfte der gerade erst
gekürte „Patenbaum“ auf dem „Königlichen Campingplatz“ von Potsdam werden. „Der Platz wurde deutschlandweit ausgezeichnet und wird von Menschen aus vielen Ländern besucht. Damit wird die Idee der Baumpatenschaften sicher weitergetragen.“
Sägewerk als Baumpate?
Allerdings beschränkt sich Gudrun Kalbus selbst aufs Land Brandenburg. „Uns wurde schon angetragen, bundesweit Baumpatenschaften durchzuführen. Aber wie sollen wir das machen: sollen wir mit
dem Hubschrauber über Deutschland fliegen um Bäume herauszusuchen?“
Bei aller Liebe zum Baum weiß Gudrun Kalbus, dass man das Holz für die unterschiedlichsten Zwecke
benötigt. Deshalb sieht sie keinen Widerspruch, unter ihren 38 Baumpaten gleich drei Sägewerk zu haben.
„Wichtig ist, das Bewusstsein für diese imposanten Geschöpfe der Natur zu erhalten.“
Alle Baumpaten finden sich übrigens auf der Internet-Seite des Vereins, die von Dmitri Wolowelsky ehrenamtlich gestaltet wird.
deutschland-im-internet.de / Königs Wusterhausen, 1. Januar 2009